Donnerstag, 28. August 2008

Telefonterror II

Heute morgen lief auf SAT1 ein Beitrag über so eine arme Maus, die angeblich innerhalb von 5 Tagen für 2000 Euro SMS an Premium-Dienste gesendet hat.

Auch im Hamburger Abendblatt erschien - zufällig auch heute - ein kurzer Artikel zur Premium-SMS-Abzocke. Darin wird beschrieben, daß man zum Beispiel eine SMS bekommt wie "Eine MMS blockiert Ihren SMS-Eingang. Senden Sie OK an 12345, um das Problem zu lösen." Wer dies jedoch tut, meldet sich für ein SMS-Chat-Netzwerk an und zahlt für jede dieser SMS dann bis zu 1,99 Euro.

Eine Rückfrage bei meinem Handyprovider hat ergeben, daß man seine Karte nicht gegen den SMS-Versand an Premium-Services sperren kann. Klingt logisch, schließlich verdienen auch die Handyprovider an diesem Spiel mit.

Eine Scheißwelt ist das manchmal...

Dienstag, 26. August 2008

Telefonterror

RRRRRRRIIINNNNGGGGGG.....!!!

"Ja, hallo ?"

"Guten Tag, mein Name ist Sabrina Sonstwie von der Schauhin-Marktforschung und ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Haben Sie einen Moment Zeit?"

"Woher haben Sie denn meine Nummer?"

"Oh, die ist vom Zufallsgenerator ausgewählt worden."

"Aus welchem Datenbestand denn?"

"Wie 'aus welchem Datenbestand?'"

"Naja, aus welchen Telefonnummern wurde ausgerechnet meine per Zufall ausgewählt? Woher stammt die Sammlung, aus denen Sie 'zufällig' Telefonnummern auswählen?"

"Ach so, nein, der Zufallsgenerator kreiert einfach irgendwelche Nummern."

"Das muß ja nervig sein - der bastelt doch bestimmt zur Hälfte Nummern zusammen, die es gar nicht gibt, oder irgendwelche Faxnummern, wo Sie dann plötzlich nur ein lautes Piepen im Ohr haben, oder?"

"Äh, ja, manchmal wohl, also, äh... ...haben Sie jetzt einen Moment Zeit?"

"Ja, einen Moment habe ich!"

"Haben Sie eine Digitalkamera?"

"Meinen Sie jetzt für Fotos oder für Video oder eine Webcam?"

"Äh, egal. Irgendeine."

"Ja."

"Haben Sie also, richtig?"

"Sag ich doch."

"Was für ein Modell ist das denn?"

"Warten Sie, ich schau eben nach."

(3 Minuten extra lautes Gegruschel im Hintergrund...)

"So, bin wieder da. Es ist ein silbernes Modell."

"Nee, ich meine, welche Marke ist das?"

"Ach so. Die ist von Microsoft."

"Upps, Microsoft hab ich hier gar nicht in der Liste. Moment, ich erfasse das im Freitext.
Und was für eine Auflösung hat die? Mehr als 10 Megapixel? Mehr als 8? Mehr als 6? Oder weniger als 6?"

"Nein nein, weniger."

"Also weniger als 6 Megapixel. Okay. Und was für einen Speicher verwendet die?"

"Keinen."

"Wie jetzt - keinen?"

"Nein, keinen. Naja, ich könnte auf Festplatte speichern."

"Okay, also mit Festplatte. Eine Kamera ohne Speicher wäre ja auch irgendwie sinnlos, oder?"

"Warum?"

"Naja, Sie wollen sich die Bilder doch später anschauen, oder?"

"Ääh... - nö, eigentlich nicht."

"Hä?"

"Warum sollte ich das wollen?"

"Naja, wenn Sie irgendwo unterwegs sind und Fotos machen oder ein Video - das wollen Sie doch zu Hause sehen, es Ihren Freunden zeigen oder so... Also jedenfalls wollen das doch die meisten!"

"Nö, wozu? Meine Freunde sehen das doch gleich. Und danach - herrgott, wer schaut sich das denn später nochmal an?"

"Sie wollen mich grad irgendwie verscheissern, oder?"

"Nein, wirklich nicht."

"Aber was macht es für einen Sinn, die Urlaubsfotos nicht zu speichern?"

"Ich mache mit meiner Webcam keine Urlaubsfotos. Die hat eine viel zu geringe Auflösung und außerdem ist das viel zu umständlich, immer mit dem Laptop rumzulaufen und so..."

"Sie sprechen von Ihrer Webcam?"

"Ja."

"Aber... ...haben Sie keine richtige Digitalkamera?"

"Meine Webcam ist richtig digital. Mit USB. Wär ja auch blöd, wenn ich während einer Videokonferenz ständig Filme entwickeln müsste, oder?"

"Nein, ich meine, haben Sie AUCH eine richtige Digitalkamera, also für Fotos oder Videos oder so?"

"Ach so. Sie sagten vorhin, das wäre egal. Ja, ich habe eine Foto-Digitalkamera und auch eine digitale Videokamera."

"Okay... Gut... Dann nehmen wir die Fotokamera. Was für eine Auflösung hat die denn?"

"Es reicht jetzt. Sie haben nach 'einem Moment' gefragt, und der ist jetzt um. Ich werde das Gespräch jetzt beenden und möchte Sie bitten, mich nicht wieder anzurufen."

"Aber..."

"Nein. Sie hatten Ihre Chance. Tschüühüüß!"

KLACK

Donnerstag, 21. August 2008

Morgens, drei Uhr zweiundzwanzig...

Der Radiowecker neben der Pritsche zeigt in leuchtendem Rot 03:22 - es ist die Zeit, zu der man tief und fest schlafen sollte, in den Träumen haben jetzt die Sommer-Sonne-Sandstrand-Kulisse nebst einiger Bikini-Schönheiten und einem Eimer Sangria das Sagen, Körper und Geist erholen sich von den Strapazen des vergangenen Tages und bereiten sich auf jede des neuen vor und.......

Piep-Piep-Piep-Piep-Piep.....

Nach nur wenigen Sekunden realisiere ich, daß es nicht das Warnsignal des Sangria-Eimers ist, das mich auf einen bedrohlich niedrigen Füllstand aufmerksam machen will, sondern daß es hier nur einen einzigen Grund für diesen nervigen Lärm geben kann:

EIN MENSCH IST IN HÖCHSTER NOT !!!

Rein in die Klamotten, rauf auf's Auto, Tor auf, Motor an, raus aus der Fahrzeughalle - Blick auf den Digitalmelder, dieses Wunderwerk der nonverbalen Kommunikation - Okay, Strasse ist bekannt, ab geht's.

"Unklar internistisch" lautet das Stichwort, was nicht verwundert: der Kollege in der Leitstelle, der diesen Notruf entgegennahm, ist bekannt dafür, erst zu alarmieren und dann zu fragen. Also, ich meine damit, daß er hinterher anruft, wenn wir wieder an der Wache sind, und fragt, was denn eigentlich los war...

In diesem Fall stellen wir vor Ort fest, daß es "unklar internistisch" gar nicht trifft - es hätte eher "unklares Hilfeersuchen" lauten müssen, denn die Patientin hat nicht die geringste Ahnung, was wir bei ihr wollen. Stattdessen imponiert ein ausgeprägtes Kopfkissenfalten-Muster auf ihrer rechten Wange und unterstreicht das Erscheinungsbild "schlaftrunken" auf geradezu bühnenreife Art und Weise.

Okay machen wir den Basis-Check der etwas anderen Art:
Adresse? Stimmt.
Name? Stimmt auch (was bei "Müller" aber nicht viel heißen mag...)

Mehr können wir gerade mal nicht abgleichen - aber da ist ja noch der liebe Kollege von der Leitstelle. Der kann sich das ganze zunächst auch nicht recht erklären, hört aber sicherheitshalber das Band nochmal ab. Am Ende der Warteschleife bestätigt er uns alle Angaben nochmal und ist zutiefst überzeugt, daß da wirklich ein Notfall vorzuliegen schien.

Auf unser Bitten hin dürfen wir beim nun folgenden erneuten Bandabhören mitlauschen. Stimmt, alle Angaben passen und die Anruferin scheint wirklich aufgeregt zu sein. Wir denken schon an Schlafwandelei der immer noch vor uns stehenden Nicht-Patientin.......doch Moment.

Ich: "Spiel das Band noch mal vor bitte."
Disponent: "Okay, Moment..."
Band: "Disponent: Einsatzleitstelle X-Stadt, mein Name ist Ypsilon, guten Tag..."
Ich: "Wieso hast Du Dich eigentlich nicht mit 'Notruf' gemeldet...?"
Disponent: "Mist. Das war ja eine normale Amtsleitung."
Ich: "Genau. Der Anruf kann sonstwo her gekommen sein."

Wie entschuldigen uns bei der aufgeweckten Dame für die Störung, wünschen noch eine gute Nacht und verabschieden uns Richtung Wache. Dort angekommen klingelt kurz später das Telefon: der freundliche Kollege von der Leitstelle erzählt uns, daß die Frau nun nochmal angerufen hat - die ganze Dramatik spielte sich in Wirklichkeit in einem kleinen Kaff in Südhessen ab, aber sie hatte "von damals noch" die Amtsnummer der Rettungsleitstelle in ihrem Handy.

Der Radiowecker neben der Pritsche zeigt in leuchtendem Rot 03:56 - eine Zeit, zu der ich mich gerne wieder hinlege, die Äuglein schliesse und hoffe, daß die besagten Bikini-Schönheiten noch am Strand sind...
...während irgendwo im südlichen Hessen gerade der Sangria-Eimer mitzuteilen versucht, daß er fast leer ist.

Oder so ähnlich. ;-)

Dienstag, 19. August 2008

StudiVZ & Co.

Ich bin ja absolut kein Freund davon, sich im Internet zu produzieren.
Jedenfalls nicht mit meinem echten Namen. ;-)

Die Möglichkeiten, sich eine Zweit- oder auch Drittidentität zuzulegen, springen einen ja geradezu an: Alias-Namen ausdenken, bei einem beliebigen Freemailer eine EMail-Adresse verschaffen, fertig. Die meisten Angebote (Foren, Mailinglisten, Blogs, ...) verzichten auf dezidierte Angaben, die auch überprüfbar wären. Manchmal wird die Adresse (Strasse, Ort) mit der Postleitzahl abgeglichen, aber das wars dann auch schon.

Die Anmeldung bei StudiVZ ist auch so eine Sache - stundenlanges Herumstöbern in den Profilen von Leuten, die man kennt, hier und da mal ein Foto kommentieren, Leute gruscheln - alles unter falschem Namen - toll...

Und es ist spannend, wie viele Leute man da findet, von denen man definitiv weiß, daß sie mit Müh' und Not die Hauptschule hinter sich lassen konnten, jetzt aber angeblich Medizin, Katastrophenmanagement, Chemie oder gar Mathematik studieren.

Noch spannender aber ist es zu sehen, wie die alle ihre Fotos veröffentlichen, scheinbar ganz ohne daran zu denken, daß die dann weltweit sichtbar sind. Mit netten (oder auch weniger netten) Kommentaren, zum Teil mit Klarnamen - und ganz ohne zu fragen, ob der oder diejenige auf dem Bild eigentlich mit der Veröffentlichung einverstanden ist.

Das Internet ist eine unglaubliche Fundgrube, wenn ich jemandem was Böses will. Ein bei Google oder Yasni eingetippter Name führt oft zu einer Fülle von Informationen, die ihren wahren Wert erst durch Verknüpfung miteinander entwickeln. Name, Anschrift, Hobbies, Bankverbindung, vielleicht irgendwo ein Hinweis auf die Krankenkasse, ein Foto dazu - ich kann mir in kürzester Zeit eine weitere Identität aufbauen.

Schöne neue Welt.

Donnerstag, 14. August 2008

Kein Kapital ?

In den vergangenen Jahren sind viele Staaten mit kommunistischer/sozialistischer Ausrichtung untergegangen und haben den Weg zur Demokratie gefunden. Ich möchte mich heute mal mit der Frage beschäftigen, wie es dazu kam - bzw. warum es dazu kommen musste.


Die Gesellschaftsform des Sozialismus beruht im Wesentlichen auf den Grundwerten "Gleichheit" (der Wert aller Menschen ist gleich, alle haben die gleichen Rechte und Pflichten), "Gerechtigkeit" (jedem Menschen stehen die gleichen Mittel und Chancen zur Verfügung, niemand wird bevorzugt) und "Solidarität (alle stehen füreinander ein, die "gemeinsame Sache" ist der Maßstab).


Der Kommunismus geht noch einen Schritt weiter, indem er die Aufhebung aller Klassen fordert und propagiert, daß alles allen gehören muß (kein Privateigentum) und die erwirtschafteten Güter wiederum allen gehören.


Der Weg zum Kommunismus führt also über den Sozialismus: zunächst muß dafür gesorgt werden, daß alle Menschen die gleichen Rechte, Pflichten und Chancen haben, danach kann man umsetzen, daß alles "allen" gehört.


Den real existierenden Kommunismus hat es nirgends gegeben, weil alle Staaten, die es versucht haben, bereits in der Umsetzung des Sozialismus steckengeblieben sind. Warum ist das so?


Die Antwort ist furchtbar einfach: weil wir Menschen nunmal nicht so sind.


Die Menschen sind seit Beginn der Menschheit immer darauf angewiesen gewesen, sich gegen andere abzugrenzen. War in der Urzeit der Jäger heute erfolgreich, so war das keine Garantie dafür, daß er es auch morgen sein würde - also musste er Vorräte anlegen. Wer bereits heute keinen Erfolg hatte, hatte eben Pech (und hoffentlich noch Vorräte von gestern).


Der eigene Überlebenswille war stets stärker als der Wunsch nach einem Überleben aller.


Dieses Verhalten hat sich bis heute gehalten, es ist evolutionär so tief in uns Menschen verankert, daß es nicht zu knacken ist. Wer würde schon freiwillig auf Nahrung verzichten, um jemand anderen zu füttern, wenn er nicht weiß, ob er dann selbst noch überleben kann?


Im Lauf der Zeit haben sich zwar Gruppen gebildet, Familien und Sippen, Stämme und Dörfer, und innerhalb so einer Gemeinschaft wurde durchaus geteilt. Allerdings wurde auch gemeinsam gejagt (die Verständigung fand also schon vorher statt).


Vor allem aber: es ist wissenschaftlich erwiesen, daß die "magische Zahl der Gemeinschaft" die 30 ist. Gruppen waren stets am erfolgreichsten, wenn sie etwa 30 Mitglieder hatten. Deutlich kleinere Gemeinschaften gingen über kurz oder lang zu Grunde, wurde die Gruppe merklich größer, so fand eine Teilung statt.


Das hängt auch damit zusammen, daß man nicht unendlich viele Menschen als seine "Nächsten" betrachten kann, mit denen man (alles) teilen mag. Gemeinschaften sind in diesem Sinne eher als Zweckgemeinschaften aufzufassen, die erforderlich sind, um besser zu (über)leben, aber - und das kennt auch heute jeder - je größer die Gruppe, umso schneller gibt es Streit und es bilden sich Gruppen innerhalb der Gruppe. Sobald eine dieser "Untergruppen" stark genug ist, das eigene Überleben sicherzustellen, spaltet sie sich endgültig ab.


Das wiederum bedeutet aber nichts anderes, als daß es schlicht unmöglich ist, alle Menschen eines Staates zu einer einzigen Gemeinschaft zusammenzufassen, in der jeder für jeden einzustehen bereit ist.


Die Forderung nach "Solidarität" ist damit nicht mehr auf Staatsebene durchsetzbar.


Wenn aber die Solidarität aller Bürger nicht mehr gegeben ist, hat auch Gerechtigkeit keine Chance mehr, denn Gerechtigkeit fußt auf der Solidarität:

Wenn ich zwei Hasen erlegt habe und mein Nachbar keinen, wäre es doch gerecht, wenn ich ihm einen abgebe, damit er nicht hungert. Das ist das, was unsere Kinder im Kindergarten lernen. Wahrscheinlicher aber ist, daß ich ihm bestenfalls ein Stück von meinem Hasen abgebe, damit er nicht verhungert, den Rest jedoch hänge ich in die Vorratskammer. Das ist ungerecht, weil ich somit weiß, daß ich auch morgen was zu essen habe, während mein Nachbar sich die ganze Nacht Sorgen macht, ob er wohl morgen was fängt. Aber es entspricht der Natur des Menschen.


Somit ist auch die Forderung nach "Gerechtigkeit" nicht durchzusetzen.


Bleibt also noch die Gleichheit. Der jedoch steht die Natur selbst im Weg, denn die Menschen sind nicht gleich. Hat der eine mehr musische Begabungen und der andere eher geistige, so ist der dritte vielleicht handwerklich geschickt. Alle drei zusammen können einen Konzertsaal realisieren (einer plant, einer baut, der dritte singt), aber der Handwerker wird auch besseres Jagdwerkzeug (Waffen) bauen, der Denker erkennt vielleicht, wann und wo sich die Jagd besonders lohnt - sie beide haben etwas zu tauschen. Der Musiker ist jedoch auf beide angewiesen und somit von ihnen abhängig.


Sobald jedoch nur die geringste einseitige Abhängigkeit entsteht, ist Gleichheit nicht mehr gegeben. Streng genommen ist Gleichheit bereits ausgeschlossen, wenn überhaupt Abhängigkeiten entstehen, aber ich will gar nicht so streng sein - solange vorhandene Abhängigkeiten gegenseitig ausgeglichen werden können (wie zwischen Handwerker und Denker) bleibt das Gleichgewicht wenigstens gewahrt.


In diesem Beispiel wird also der Musiker im gemeinsam errichteten Konzerthaus singen und kann nur hoffen, daß die beiden anderen ihm dafür etwas zu essen erjagen. Das funktioniert genau so lange, wie Handwerker und Denker genug Beute machen und sich den "Genuß Kunst" leisten können. In schlechten Zeiten jedoch werden sie zuallererst auf die Musik verzichten (schon weil sie mehr Zeit für die Jagd brauchen) - und der Musiker verhungert als erster.


Ungleichheit ist also naturgegeben, "Gleichheit" daher staatlich nicht zu verordnen.


Fazit bis hierher: das Gesellschaftsmodell des Sozialismus beruht auf drei Grundpfeilern, die durch staatliche Gewalt aber nicht hergestellt werden können.


Und die reale Umsetzung?


Wenn man versucht, Sozialismus in einem Staat real umzusetzen, muß man zwangsläufig gegen die Natur der Menschen handeln. So etwas hat aber zur Folge, daß die Menschen weglaufen möchten, um sich diesem widernatürlichen Einfluß zu entziehen. Der Staat ist also gezwungen, die Menschen am Weglaufen zu hindern, sprich: einzusperren.


"Einsperren" bedeutet aber automatisch auch Abgrenzung: es gibt sofort und ganz automatisch zwei Gruppen, nämlich die, die eingesperrt sind, und jene, die einsperren. "Gleichheit" ist damit ausgeschlossen.


Und in der Natur des Menschen liegt nun wiederum der nächste Stolperstein: Wenn ich jemaden einsperren darf, bin ich mächtiger als er. Und wenn ich mächtiger bin, steht mir auch die größere Ration zu. Da ich den Eingesperrten mitversorgen muß, ist er von mir abhängig. Über "Gerechtigkeit" brauchen wir also nicht mehr zu reden.


Die UdSSR verstand sich als "Mutterland des Sozialismus" - die Menschen jedoch genossen keine Reisefreiheit, stattdessen gab es besondere Fahrspuren für die Führungselite. Das hat mit Gleichheit nichts zu tun.


Zudem entwickeln die Menschen in jeder Situation Verhaltensweisen, um ihr eigenes Überleben zu sichern und ihren Komfort - soweit möglich - zu erhöhen. Ist dies unter den staatlich verordneten Bedingungen nicht legal möglich, werden Kollaterale entwickelt, das kennt jeder von der Steuererklärung: Wege werden gesucht und gefunden, um Gesetze zu umgehen, Lücken auszunutzen, staatliche Organe auszutricksen usw. - es geht dem Einzelnen nur noch darum, sich selbst (oder ggf. die eigene kleine Gruppe, z.B. die eigene Familie) besser zu stellen.


Mit anderen Worten: die Natur des Menschen bringt ihn dazu, sich unter dem geschilderten Druck genau entgegengesetzt der sozialistischen Ordnung zu verhalten.


Fazit: die Gesellschaftsform "Sozialismus", bezogen auf einen ganzen Staat, läuft der Natur des Menschen vollkommen zuwider und darum werden sich Menschen immer mit allen ihren Möglichkeiten dagegen wehren (und seien diese Möglichkeiten noch so eingeschränkt).


Wenngleich die Idee des Sozialismus gute Ansätze enthält, kann sie nur in kleinen Gruppen funktionieren und auch dort nur, wenn dem Einzelnen trotz allen Gemeinsinns noch "private Nischen" bleiben, in denen er sich auch selbst produzieren kann.


Der Versuch, einen sozialistischen (oder gar kommunistischen) Staat zu realisieren, ist sozusagen systemimmanent zum Scheitern verurteilt, denn er führt zwangsläufig in die Diktatur. Etliche Staaten haben bereits unter Beweis gestellt, daß dieser Weg nicht auf Dauer funktioniert - und ich bin sicher, die letzten werden es auch noch kapieren. Irgendwann.

Olympia? Olymp - Ja !

Der Sport hat die Welt mal wieder fest im Griff. Olympische Spiele in China (nebenbei: es ist nicht die Olympiade, sondern die Olympischen Spiele - "Olympiade" ist der Begriff für den 4-Jahres-Zeitraum vom Beginn der Spiele bis zum Beginn der nächsten Spiele!) und die Welt schaut zu.

Vergessen ist Tibet, vergessen ist der menschenverachtende Umgang der chinesischen Führung mit der eigenen Bevölkerung. Die letzte Großmacht, die das notwendige (weil systemimmanente) Scheitern des Sozialismus noch nicht kapiert hat, präsentiert sich einer sportbegeisterten Welt - und alle Politik, alle Kritik gerät in den Hintergrund.

Und China räumt ab. Platz 1 der Medaillienliste ist dem chinesischen Team kaum noch zu nehmen; kaum ein Wettkampf, wo nicht wenigstens ein Chinese oder eine Chinesin auf dem Treppchen steht - oft genug ganz oben.

Nicht, daß ich ihnen das nicht gönnen würde. Im Land der unterdrückten Möglichkeiten stehen Disziplin und "Leistung für das Land" ganz oben auf der Werteskala. Doch darf man sich fragen, wie ein Land, das auf Platz 11 der "ewigen Medaillienliste" (mit gerade einem Zehntel des Tabellenführers USA) steht, plötzlich so abräumen kann.

Da ist einerseits die Isolation - ich weiß nicht, bei wie vielen Spielen China nicht angetreten war, weil man Angst hatte, seinen Sportlern die Welt auf der anderen Seite des chinesischen Tellerrands zu zeigen. Und entsprechend Schiß hatte, die eigenen Sportler könnten "überlaufen" und sich am Rande der Spiele in die freie Welt absetzen.

Das wäre aus Sicht der chinesichen Regierung ja zu verstehen - wenn ich meine Frau zu Hause festketten und sie mißhandeln und unterdrücken würde, müsste ich ja auch damit rechnen, daß sie bei der ersten besten Gelegenheit stiften geht.

Auf der anderen Seite ist es natürlich das Image - wir Deutschen haben 2006 ja auch gehofft, daß die deutsche Mannschaft als Weltmeister aus der Fußball-WM in Deutschland hervorgeht. Sieger im eigenen Land zu werden ist natürlich was ganz besonderes, und diesen Wunsch muß man auch den Chinesen zugestehen. Also wurde mit Sicherheit alles daran gesetzt, so gut wie irgend möglich abzuschneiden.

Drittens mußte sich China für die Spiele - als Gastgeber - nicht im Voraus qualifizieren. Das muß kein Vorteil sein, kann es aber - denn es ist einfacher, Höchstleistungen über einen kurzen Zeitraum (im Extremfall in nur einem einzigen Wettkampf) zu erbringen, als dies über eine längere Phase tun zu müssen.

Insgesamt steht aber zu befürchten, daß die chinesischen Sportler aufgrund der ersten beiden Punkte noch viel mehr unter Druck gesetzt wurden, als dies früher der Fall war. Abgesehen davon, daß die es sich garantiert nicht aussuchen können, ob sie mal einen Tag in der Woche weniger als 16 Stunden trainieren, will ich gar nicht wissen, welche Konsequenzen ihnen versprochen (für den Fall des Sieges) oder auch angedroht (für den Mißerfolgsfall) wurden.

Wundern würde mich indes auch nicht, wenn die alle auf eine ganz perfinde Art und Weise gedopt sind - irgendetwas, was nicht nachvollziehbar ist. Man darf nicht vergessen, daß China ein weitgehend abgeschottetes Land ist, in dem die Regierung sogar die Menge und Zusammensetzung des Wassers kontrollieren kann, mit der ich meinen Haufen runterspüle. Wenn die wollen, können sie mit Sicherheit dafür sorgen, daß bestimmte Dopingmaßnahmen nicht auffallen.

Und heute schreiben die Blätter, daß vermutlich ein Teil der chinesischen Olympiamannschaft das vorgeschriebene Mindestalter von 16 Jahren noch gar nicht erreicht hat. Wundert das jemanden? Das Land, in dem weibliche Säuglinge getötet werden (weil jede Familie nur ein Kind haben darf und Jungs einfach billiger sind), ihnen anderenfalls die Füße stramm eingewickelt werden (weil Mädchen mit kleinen Füßen als besonders schön gelten), was zu Verkrüppelungen und lebenslangen Schmerzen führt, das Land, in dem Kinder schon mit 2 Jahren auf Leistungssport getrimmt werden und in ein tiefes soziales Loch fallen, falls sie die überzogenen Anforderungen nicht erfüllen - erwartet hier irgendjemand, daß in diesem Land Rücksicht auf das Individuum genommen wird? Also, ich nicht.

Wie dem auch sei - rein aus Gründen der weltpolitischen Harmonie wird das alles weitgehend unsanktioniert bleiben, man konzentriert sich auf den Sport und tut so, als sei alles in Ordnung.

China präsentiert sich der Welt so, wie es wahrgenommen werden will, und nicht so, wie es ist. Und die Welt nimmt China so wahr, wie es sich präsentiert - kaum einer wird die Möglichkeit haben, das wahre Gesicht dieses menschenverachtenden Landes wahrzunehmen. Nach den Spielen wird das Interesse schnell wieder abebben und alles ist wieder beim alten.

Schade, daß die Welt die Chance verpasst, die Spielregeln der Menschenwürde ein Stückchen weiter durchzusetzen - aber 1936 in Berlin hat die Welt diese Chance auch schon nicht genutzt, und trotzdem ist was aus uns Deutschen geworden. Hat viel Blut und Tränen gekostet, Leid gebracht und Menschenleben gefordert, aber irgendwann wurde alles gut.

Hoffen wir also das Beste für China - und ganz egoistisch: hoffen wir, daß der große Knall einigermaßen in der Region bleiben wird und uns nicht mit den nächsten Strudel des Verderbens zieht.

"Dabei sein ist alles" muß ja nicht für jeden Mist gelten, oder?

Mittwoch, 13. August 2008

Mach mich nicht an !

Gestern abend war ich mit meiner Süßen auf einem Volksfest, bißchen abfeiern. Zufällig haben wir ziemlich zu Anfang ein paar Bekannte getroffen, die - zu fünft - auch etwas Spaß haben wollten. Haben uns zusammengetan, und in der Tat, es wurde sehr lustig (sogar fast ohne Alkohol).

Nun gibt es auf diesem Volksfest eine ganze Menge Vergnügungsmöglichkeiten, die - meist unter Ausnutzung physikalischer Phänomene - das eigene Körpergefühl mächtig durcheinanderwirbeln. Und da hat halt jeder so seine Präferenzen. Will sagen, es gibt so Fahrgeschäfte, da kriegen mich keine zehn Pferde rein, es sei denn ich will das mit dem "Pferde kotzen sehen" mal umkehren.

Dadurch kam es ein paar Mal dazu, daß ich mit einem anderen Mädel aus der Truppe - nennen wir sie mal ganz zwanglos Anita, denn so heißt sie nicht wirklich - allein dastand und zuschauen konnte, wie meine Süße mit den anderen Tickets kaufte, wartete, Spaß hatte. Kein Thema soweit.

Wenn Anita nicht in diesen Phasen des Abends regelmäßig ALLES getan hätte, um sich mir an den Hals zu schmeissen. Ich meine, so ein bißchen flirten ist ja ganz okay, bin ja schließlich auch nur ein Mann und als solcher immer darauf angewiesen, sagen wir mal, "positive Rückmeldungen" zu kriegen. Aber mehr Körperkontakt als die obligatorische Begrüßungsumarmung muß denn auch wieder nicht sein, und überhaupt: HALLO???

Da läuft diese Tante seelenruhig neben uns her, als könne sie kein Wässerchen trüben, während ich mit meiner Liebsten Arm in Arm durch die Gegend schlendere, und mein Schatz ist noch keine 20 Sekunden weg, da schlingt sich der nächste Arm um meine Taille? Ich glaub es einfach nicht.

Wenn ICH irgendwann meine, aus meiner Beziehung ausbrechen zu wollen (womit im übrigen derzeit nicht im Mindesten zu rechnen wäre), dann grab ich schon selber. Das ist, finde ich, auch etwas ganz anderes, als von außen in eine (bekanntermassen) intakte Beziehung einzubrechen.

Also, alle Anitas dieser Welt: Habt Respekt vor funktionierenden Beziehungen, und:

MACHT MICH NICHT AN!!!

Montag, 11. August 2008

Gaudi is teuer - Lebenserfahrung aber auch...

Netter Bericht am Wochenende im Fernsehen: Platzkarte im Wies'n-Festzelt bei ebay für um die 300 Euro. Das Zehnfache des Normalpreises. Und ohne Einlaßgarantie, denn die Weiterveräußerung sei in den AGB ausgeschlossen.

Nehmen wir das kurz auseinander:

30 Euro als "Normalpreis" für einen Sitzplatz im Festzelt. Okay, da sind dann zwei Maß und ein Händerl mit drin. Halte ich trotzdem schon für einen stolzen Preis, zumal es kaum bei den zwei Maß bleiben wird und die Anfahrt auch extra geht. Aber gut, Gaudi hat halt ihren Preis.

300 Euro für so ein Ticket zu verlangen dürfte hingegen Wucher sein, zumal hier vermutlich ja eine selbstgemachte Mangelsituation ausgenutzt wird.

Aber 300 Euro für so ein Ticket auch noch zu bezahlen, ist ausgemachte Dummheit. Wo zum Teufel ist denn da der Gegenwert? Man geht ja auch nicht alleine da hin - sagen wir mal, eine Feiergruppe von 12 Leuten nimmt dieses Angebot in Anspruch und zahlt dafür so an die 3.600 Euro. Eine Party für 12 Leute mit 3.600 Euro auszurichten beinhaltet neben Festzelt, Festzelt-Einrichtung und Kapelle auch Freibier bis zum Koma, einen Caterer (der mehr als nur ein Händerl serviert), das Taxi nach Hause - und selbst dann ist vermutlich noch was übrig.

Vielleicht fehlt mir als Fischkopp die nötige Einsicht - ich kann weder der Wies'n noch München oder überhaupt ganz Bayern irgendwas abgewinnen, von Humptata-Musik ganz zu schweigen. Da geb ich mein Geld lieber auf dem Hamburger Dom aus.

Sicherlich keine 300 Euro - aber dafür hab ich auch keinen reservierten Sitzplatz...

Mittwoch, 6. August 2008

Greencards statt Bildung?

Kürzlich las ich einen Artikel über den Mißerfolg des Greencard-Modells. Viele Greencard-Inhaber zöge es mittlerweile wieder in ihre alte Heimat oder sonstwohin - jedenfalls weg aus Deutschland. Weil die Lebens- und Arbeitsbedingungen hier schlechter seien als andernorts.

In dem Artikel wurde aber unter anderem auch deutlich gemacht, daß unserer Wirtschaft viele qualifizierte Ingeneure fehlten und daß diese deshalb "aus dem Ausland importiert" werden müssten. Täte man dies nicht, stünde die deutsche Wirtschaft vor einem unlösbaren Problem, Rezession und Verlust der weltweiten (Mit-)Führungsrolle in Forschung und Wissenschaft seien dann zu befürchten.

Um dieses Problem (und fürwahr: es scheint wirklich ernst zu sein) in den Griff zu bekommen, sei ein verbessertes Greencard-Konzept erforderlich. Dann, und nur dann, kämen wieder mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland und - noch wichtiger - würden auch hier bleiben.

Nun darf man ja so ein Problem nicht für sich allein sehen, also stelle ich mal das Problem der immer schlechteren Schulabgänger daneben:

Wir haben auf der einen Seite einen Mangel an hochqualifizierten Fachkräften.
Wir haben auf der anderen Seite einen Mangel an geeigneten Schulabgängern, die man zu hochqualifizierten Fachkräften ausbilden könnte.

"Merkst Du selbst grad, oder?" mag man jenen entgegenhalten, die diese Situation durch den dauerhaften "Import" ausländischer Fachkräfte auflösen möchten. Wenn wir nämlich so vorgehen, entsteht die Situation, daß immer mehr ausländische Fachkräfte ins Land geholt werden, die den Bedarf decken, wodurch die Notwendigkeit, junge Deutsche entsprechend zu qualifizieren, immer weiter in den Hintergrund tritt. In der Folge steigt der Anteil der unterqualifizierten Inländer weiter an.

Bekanntlich zieht Bildung Bildung nach sich, will sagen: die Kinder bildungsschwacher Familien haben von vornherein schlechtere Chancen, selbst einmal höher gebildet zu sein. Wenn wir also den Anteil der bildungsschwachen Inländer durch einen vermehrten Import gebildeter Ausländer erhöhen, setzen wir eine Spirale in Gang, an deren Ende ein Land steht, das selbst nur noch "dumme Bauern" produziert und gleichzeitig davon abhängig ist, daß der Weltmarkt auf immer und ewig qualifizierte, gebildete Fachkräfte bereithält.

Das kann es doch irgendwie nicht sein, oder?

Muß nicht die Lösung des Problems vielmehr lauten, unsere eigenen Kinder besser auszubilden, ihnen eine "bildungsfreundliche Umgebung" und echte Perspektiven zu bieten, sie von Anfang an darauf hin zu erziehen, daß Luxusgüter nicht selbstverständlich sind, sondern daß man sich diese erarbeiten muß - und daß Bildung dabei hilfreich ist?

Ist es nicht unsere Aufgabe als Staat, aus eigener Kraft für unser Fortbestehen zu sorgen? Wir haben in Deutschland verhältnismäßig wenig Rohstoffe; Landflächen und Klima hier sind nicht dazu angetan, ein Agrar-Export-Weltmeister zu werden, aber mit Dienstleistungen alleine kann eine Nation auch nicht überleben (zumal dann, wenn der Begriff "dienen" per se negativ besetzt ist und "leisten" auch immer weniger attraktiv wird).

Ergo müssen wir uns auf unsere Stärken besinnen, die seit jeher in Forschung und Wissenschaft liegen, und einen gesunden Mix aus Agrar und produzierendem Gewerbe, Dienstleistung und eben Forschung/Wissenschaft entwickeln. Und dieser Mix muß auf Nachhaltigkeit angelegt sein, das heißt, wir müssen für den Nachwuchs in allen dieser Bereiche schon selbst sorgen.

Also: Greencards sind ein Mittel, um kurzfristig den Bedarf zu decken, weil wir über Jahre hinweg eine wichtige Entwicklung verpennt haben, aber langfristig hilft nur, das Bildungsniveau wieder anzuheben. Sonst können wir auf Dauer nur verlieren.

Samstag, 2. August 2008

Nachtschicht...

So eine Nachtschicht im Rettungsdienst kann ja ganz schön entspannend sein:

Man beginnt üblicherweise damit, die Kollegen vom Tagdienst zu bedauern, die gerade von der neunten Tour zurück sind und eine Quote Krankensport zu Lebensrettung von 7:2 zu verzeichnen haben. Dann setzt man sich einen Kaffee auf, hüllt sich in ein lustiges Gewand, geht den Pflasterlaster durchchecken und greift sich schließlich den frischen, wohlduftenden Kaffee nebst Kippen und stellt sich in aller Ruhe auf den Balkon.

Der Copilot und die inzwischen frisch geduschte Tagdienstbesatzung gesellen sich schnell hinzu und gemeinsam fabuliert man noch ein wenig über dieses und jenes (in letzter Zeit waren es vor allem die jeweiligen Urlaubspläne), bevor die einen ihren Feierabend antreten und man selbst sich auf die Herausforderungen der nächsten nur noch elfkommafünf Stunden vorbereitet - indem man das Fernsehprogramm aufschlägt und sich einen Plan für den Abend macht.

Alsdann flätzt man sich in aller Gemütsruhe auf die Couch, läßt sich von dem üblichen Mist berieseln, beginnt gegen 21:30 mit dem Schicksal zu hadern, daß man wieder mal zu faul war, in die nächste dienstbereite Videothek zu fahren, statt sich mit dem gebühren- und/oder werbefinanzierten Dreck zu begnügen, der einem da angeboten wird - aber inzwischen lohnt es sich auch nicht mehr, eine schicke Action-DVD zu besorgen, denn das hieße ja, frühestens um eins die Erholungsphase zu beginnen, und angesichts des nahenden Schichtwechsels um 7 Uhr wird das dann knapp mit fitsein am nächsten Tag.

Also legt man sich irgendwann zwischen zehn und elf auf die Ruhekoje und begibt sich in den Zustand der entspannten Einsatzbereitschaft. Wenn man Pech hat, wird man des Nächtens herausgeklingelt, mit großem Pech sogar zweimal - und wenn es übel läuft noch öfter.

Gestern Nacht lief es ganz übel. Der erste Ausrücker ereilte uns bereits zwischen Umziehen und Kaffee rauchen, und wo wir dann schonmal unterwegs waren, hatten die Fahrenlasser von der Einsatzzentrale gleich vier Anschlußtouren.

Klar - der erste Einsatz war natürlich ein Notfall; man rief uns zu einem "Verdacht auf Herzinfarkt", der sich dann als ICN herausstellte. Die Patientin war dabei so derart aufgeregt, daß unser Notdruide sie mit ein paar Milligramm einer Substanz anfixte, die einem schnell alles scheißegal sein läßt. Da die gute Dame hierbei ein wenig überschiessend reagierte (will sagen: sehr reichlich müde wurde), beförderten wir sie zur Überwachung ins nahegelegene Krankenhaus der Maximalversorgung*.

Die vier bereits erwähnten Anschlußtouren waren allesamt vom Typ "dringende Entlassung". Die Patienten mussten entweder ganz schnell wieder aus der Ambulanz in ihr jeweiliges Pflegeheim ("sonst gibt es kein Abendbrot mehr"), oder die Angehörigen, die uns am Zielort mit den Wohnungsschlüsseln behilflich sein wollten, hatten "nur ganz wenig Zeit". Nee, is klar...

So gegen 22 Uhr haben wir dann unsere Wache wiedergesehen, und ich habe mir vorsichtshalber gleich mein Essen in den Atomofen gestellt, man weiß ja nie. Und als wenn ich es geahnt hätte: der Piepser ging exakt in dem Moment los, als ich mein dampfendes Pastagericht aus der Mikrowelle zog. Natürlich wieder ein Notfall, also keine Zeit zum Essen - nur schnell eine Gabel voll in den Mund gegen den schlimmsten Hung... --- AUA!!! --- Scheiße.

Der Rest ist schnell erzählt: ein Verkehrsunfall, zwei Hausunfälle, zwei weitere Entlassungen, und schwupps war es halb sieben. Die Tagschicht kommt jeden Moment, die Kaffeemaschine läuft (die eklige Brühe von gestern abend habe ich dann nach 10 Stunden auf der Warmhalteplatte komplett weggekippt) und ich will nur noch eins: nach Hause ins Bett.

Als dann wenig später die beiden Kollegen zum Tagdienst auf den Hof fuhren, waren wir schon auf dem Weg zu einem Suizidversuch. Natürlich hinter verschlossener Tür, so daß wir erstmal auf die Spezialisten der örtlich zuständigen Feuerwehr warten mussten, die zwar fix da waren, aber mit der Tür so ihre liebe Mühe hatten. Nach 20 Minuten konnten wir die Wohnung betreten, um ein offenbar mit Tabletten und Alkohol vollgepumptes Männchen vorzufinden, das inmitten diverser Körperausscheidungen vor sich hin stank. Der erste Kurzcheck ergab, daß der berühmte "letzte Ködel" noch nicht dabei war, also volles Programm: umfangreiches Absaugen, Intubation, Magenspülung mit Asservierung, Sicherstellen der herumliegenden Tütchen, Flaschen, Dosen und Blister, aufwändige Rettung aus dem dritten Stock mittels der zwischenzeitlich eingetroffenen Drehleiter unter vollständigem Einsauen der eigenen Klamotten mit will-ich-nicht-wissen.

Die Übergabe im Krankenhaus verlief routinemäßig, das Aufklaren des Rettungsmobils hat der Tagdienst übernommen, ich bin frisch geduscht und inzwischen zu Hause und von vier Tassen Kaffee ein wenig aufgeputscht.

Aber gleich, gleich geh ich schlafen, und heut abend wird es ruhiger.
Ganz bestimmt.
Hoffe ich.



*: Maximalversorgung heißt, daß wir hier nicht nur Kaffee bekommen, sondern wahlweise auch Kakao, Tee, Schokoriegel, süße ledige Schwestern, ...