Dienstag, 3. Juni 2008

Wir doch nicht !

Heute vor genau 10 Jahren ereignete sich das Zugunglück von Eschede, 101 Menschen verloren ihr Leben, weitere 105 wurden verletzt, einige von ihnen sind heute schwerbehindert.

In den Jahren nach dem Unglück wurde viel diskutiert, warum soetwas habe passieren können; die Bahn hat immer betont, technische Defekte liessen sich niemals völlig ausschliessen, und man habe alles getan, um Fehler wie einen gebrochenen Radreifen zu verhindern. Pustekuchen - wie sich immer weiter herausstellte, wurde geschlampt, musste unter hohem Zeitdruck gearbeitet werden, wurden Kontrollen nur halbherzig durchgeführt und Toleranzen erweitert. Wird schon gutgehen.

Ist es aber nicht.

Das erinnert mich an einen Vorfall in Pinneberg vor mehreren Jahren - in drei von vier Trinkwasserbrunnen wurden deutlich erhöhte Belastungen durch verschiedene Schwermetalle gefunden, die Grenzwerte wurden um ein Mehrfaches überschritten. Was hat man getan? Richtig: selbstverständlich wurde sofort die vorübergehende Schliessung dieser Brunnen diskutiert. Wasser hätte man aus Hamburg und dem übrigen Umland beziehen können. Hätte aber Geld gekostet, darum wurden die "zulässigen Grenzwerte" erhöht. Clever, nicht?

Nicht clever? Doch: erstmal wurde viel Geld gespart, und so Schwermetalle machen ja nicht von heute auf morgen krank - 10 Jahre später wird Krankheit durch eine erhöhte Belastung mit diesen Stoffen kaum nachweisbar auf besagten Vorfall zurückzuführen sein.

Oder wie war das noch mit Tschernobyl? Tage nach der Reaktorexplosion mit integrierter Kernschmelze wurden in Skandinavien erhöhte Strahlungswerte gemessen - in der UdSSR gab man sich unwissend. Erst zwei Wochen nach dem Super-GAU räumte man ein, daß es da wohl ein Problem gegeben hätte - zu dem Zeitpunkt waren bereits tonnenweise verseuchte Lebensmittel unters Volk gebracht.

Wir würden sowas natürlich nie machen. Toleranzen ignorieren oder sie zu unseren Gunsten erweitern, Grenzwerte erhöhen, damit wir Geld sparen, Probleme vertuschen, um unser Ansehen nicht zu verlieren.

Wir gönnen uns höchstens drei Bier, weil wir ja noch fahren müssen, und wägen das Risiko des sich-Herantrinkens gegen jenes des Erwischtwerdens ab.

Wir zahlen unsere Rechnungen auch nach vier Wochen noch unter Abzug des Skontos, der uns für schnelle Zahlung binnen 14 Tagen gewährt wurde.

Wir machen ohne mit der Wimper zu zucken weiter Schulden, damit unser Umfeld nicht merkt, daß wir längst pleite sind - zur Not gibts ja die Privatinsolvenz, da kann man einfach nochmal alles auf Null stellen (und hat trotzdem einige Jahre lang fein gelebt).

Aber so Sachen, wo andere Menschen womöglich drunter leiden, schwere oder zumindest finanzielle Nachteile haben könnten? So Dinge, wo wir andere Menschen gefährden, beschummeln oder zumindest ungefragt ausnutzen?

Nein - so etwas machen wir nicht. Schließlich wollen wir ja auch nicht, daß jemand sowas mit uns macht!

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