Mittwoch, 16. Juli 2008

GELB und BLAU ergibt - GRÜN

Gestern abend habe ich mir seit langem mal wieder eine "grüne Witwe" gemixt - ein Glas Orangensaft mit einem Schuß Blue Curacao. Abgesehen davon, daß das Zeugs doch irgendwie ganz lecker schmeckt, finde ich das Farbspiel jedesmal wieder beeindruckend: Stechendes Gelb wird durch ein bißchen kräftiges Blau zu einem blassen Grün.

Das erinnerte mich dann ganz spontan an den aktuellen Blödsinn in der Hamburger Schulpolitik: da werden ja gerade die Hauptschulen abgeschafft und mit den Realschulen zusammengelegt, in der Erwartung, daß das Bildungsniveau ansteigt. Klingt irgendwie wie die Vorstellung, man mischt Orangensaft mit Blue Curacao und erwartet, daß die blaue Fareb sich irgendwie auflöst und in ein kräftiges Gelb umwandelt.

Nette Idee, funktioniert aber nicht.

Warum sollte man das überhaupt versuchen? Okay, die Schüler von heute bringen nicht mehr das Wissen und die Kenntnisse mit, wie es ihre Vorgänger in der 80ern wohl noch taten; viele Firmen, gerade im handwerklichen Bereich, beklagen ja die oft bodenlose Unwissenheit von Lehrstellenbewerbern. Vor allem in puncto Allgemeinbildung, aber auch so simple Kenntnisse wie z.B. Prozentrechnung oder Grammatik sind oft nicht nachweisbar.

Personalverantwortliche erklären unisono, am liebsten gute Abiturienten einzustellen, dann gute Realschüler, dann schlechte Abiturienten. Wenn's sein muß, sogar schlechte Realschüler. Doch bevor man einen Hauptschüler einstellt, läßt man die Lehrstelle dann doch lieber unbesetzt - nur wenige Firmen machen sich noch die Mühe, einen Hauptschulabsolventen überhaupt zum Vorstellungsgespräch einzuladen.

Die Lösung liegt also auf der Hand - wenn man die Hauptschulen abschafft, wird es keine Hauptschüler mehr geben, die sich (frustran) um eine Lehrstelle bewerben könnten...

Klasse Konzept, wirklich. Den Mut zu einer so einschneidenden Maßnahme zu haben - Respekt! Überhaupt auf die Idee zu kommen, Waldbrände zu verhindern, indem man einfach alle Wälder abholzt, hey, da gehört doch echt was zu! Das macht mir auch deutlich, warum ich in der Politik keine Chance hätte: auf so kreative Ideen komme ich ja gar nicht.

Ich hätte vielleicht ein Konzept entwickelt, das auf besondere Förderung der schwachen Schüler setzt. Daß man schaut, wo die Schwäche des Einzelnen herkommt, also ob er z.B. der deutschen Sprache nicht mächtig ist und deshalb gar nicht versteht, was im Unterricht so gesprochen wird. Oder ob die Grundlagen schon nicht kapiert wurden und deshalb gar nichts da ist, wo man drauf aufbauen könnte. Oder ob er abends und nachts in der Gegend rumhängt, weil sich die Eltern nicht weiter darum kümmern, daß sie auch erzieherische Verantwortung tragen, so daß er die Schulzeit zum Nachholen des Nachtschlafs braucht. Jede einzelne dieser Ursachen würde ich konsequent bekämpfen wollen, durch verpflichtende Sprach- und Integrationskurse, durch Förderunterricht, wenn es sein muß sogar durch Eingriffe in das praktizierte Familienleben.

Ich gebe zu, ich hätte nach den Ursachen geforscht und versucht, diese direkt anzugehen - auf einen so vorzügilchen Gedanken wie die Abschaffung der Projektionsfläche wäre ich nicht gekommen.

Letztlich fürchte ich einfach, daß es die Schüler mit Realschulniveau sein werden, die unter diesem Mist zu leiden haben. Das Lerntempo wird immer durch die Schwächeren bestimmt, und die Schüler, die gerade mal die Hauptschule schaffen würden, werden das Niveau der Besseren nach unten ziehen.

Die Folge wird sein, daß aus dem strahlenden Gelb der Realschulen und dem kräftigen Blau der Hauptschulen - beides gut einzuordnen - ein undefiniertes häßlich-blasses Giftgrün wird. Oder konkret: ein Realschulabschluß aus Hamburg wird in ein paar Jahren nichts mehr wert sein.

Aber: kein Hauptschüler wird mehr gefrustet sein, weil er keine Lehrstelle bekommt, denn Hauptschüler gibt es ja dann nicht mehr...

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