Mittwoch, 6. August 2008

Greencards statt Bildung?

Kürzlich las ich einen Artikel über den Mißerfolg des Greencard-Modells. Viele Greencard-Inhaber zöge es mittlerweile wieder in ihre alte Heimat oder sonstwohin - jedenfalls weg aus Deutschland. Weil die Lebens- und Arbeitsbedingungen hier schlechter seien als andernorts.

In dem Artikel wurde aber unter anderem auch deutlich gemacht, daß unserer Wirtschaft viele qualifizierte Ingeneure fehlten und daß diese deshalb "aus dem Ausland importiert" werden müssten. Täte man dies nicht, stünde die deutsche Wirtschaft vor einem unlösbaren Problem, Rezession und Verlust der weltweiten (Mit-)Führungsrolle in Forschung und Wissenschaft seien dann zu befürchten.

Um dieses Problem (und fürwahr: es scheint wirklich ernst zu sein) in den Griff zu bekommen, sei ein verbessertes Greencard-Konzept erforderlich. Dann, und nur dann, kämen wieder mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland und - noch wichtiger - würden auch hier bleiben.

Nun darf man ja so ein Problem nicht für sich allein sehen, also stelle ich mal das Problem der immer schlechteren Schulabgänger daneben:

Wir haben auf der einen Seite einen Mangel an hochqualifizierten Fachkräften.
Wir haben auf der anderen Seite einen Mangel an geeigneten Schulabgängern, die man zu hochqualifizierten Fachkräften ausbilden könnte.

"Merkst Du selbst grad, oder?" mag man jenen entgegenhalten, die diese Situation durch den dauerhaften "Import" ausländischer Fachkräfte auflösen möchten. Wenn wir nämlich so vorgehen, entsteht die Situation, daß immer mehr ausländische Fachkräfte ins Land geholt werden, die den Bedarf decken, wodurch die Notwendigkeit, junge Deutsche entsprechend zu qualifizieren, immer weiter in den Hintergrund tritt. In der Folge steigt der Anteil der unterqualifizierten Inländer weiter an.

Bekanntlich zieht Bildung Bildung nach sich, will sagen: die Kinder bildungsschwacher Familien haben von vornherein schlechtere Chancen, selbst einmal höher gebildet zu sein. Wenn wir also den Anteil der bildungsschwachen Inländer durch einen vermehrten Import gebildeter Ausländer erhöhen, setzen wir eine Spirale in Gang, an deren Ende ein Land steht, das selbst nur noch "dumme Bauern" produziert und gleichzeitig davon abhängig ist, daß der Weltmarkt auf immer und ewig qualifizierte, gebildete Fachkräfte bereithält.

Das kann es doch irgendwie nicht sein, oder?

Muß nicht die Lösung des Problems vielmehr lauten, unsere eigenen Kinder besser auszubilden, ihnen eine "bildungsfreundliche Umgebung" und echte Perspektiven zu bieten, sie von Anfang an darauf hin zu erziehen, daß Luxusgüter nicht selbstverständlich sind, sondern daß man sich diese erarbeiten muß - und daß Bildung dabei hilfreich ist?

Ist es nicht unsere Aufgabe als Staat, aus eigener Kraft für unser Fortbestehen zu sorgen? Wir haben in Deutschland verhältnismäßig wenig Rohstoffe; Landflächen und Klima hier sind nicht dazu angetan, ein Agrar-Export-Weltmeister zu werden, aber mit Dienstleistungen alleine kann eine Nation auch nicht überleben (zumal dann, wenn der Begriff "dienen" per se negativ besetzt ist und "leisten" auch immer weniger attraktiv wird).

Ergo müssen wir uns auf unsere Stärken besinnen, die seit jeher in Forschung und Wissenschaft liegen, und einen gesunden Mix aus Agrar und produzierendem Gewerbe, Dienstleistung und eben Forschung/Wissenschaft entwickeln. Und dieser Mix muß auf Nachhaltigkeit angelegt sein, das heißt, wir müssen für den Nachwuchs in allen dieser Bereiche schon selbst sorgen.

Also: Greencards sind ein Mittel, um kurzfristig den Bedarf zu decken, weil wir über Jahre hinweg eine wichtige Entwicklung verpennt haben, aber langfristig hilft nur, das Bildungsniveau wieder anzuheben. Sonst können wir auf Dauer nur verlieren.

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