Freitag, 16. Mai 2008

Birma und die UNO

Die Situation ist absurd - da sterben über hunderttausend Menschen und noch mehr werden obdachlos, es droht durch Seuchen ein weiteres hunderttausendfaches Sterben, doch die Welt schaut zu, weil ein paar gestörte Vollpfosten mit lustigem Lametta auf den Schultern "ihr" Land lieber gegenüber allen anderen abschotten.

Stell Dir vor, Menschen krepieren, und keiner geht hin...

Ich möchte mich mit dieser Situation auseinandersetzen und aufzeigen, daß die UNO kein Recht hat, wegzuschauen, und daß kein Land der internationalen Staatengemeinschaft für sich in Anspruch nehmen darf, keine Möglichkeiten zu haben. Niemand wird später behaupten dürfen, man habe das wahre Ausmaß nicht abschätzen können - denn die Erfahrungen liegen, gerade für uns Deutschen, viel näher, als man denkt.


Die "Regierung" von Birma (es fällt mir schwer, bei einer nicht demokratisch legitimierten Militärjunta von Regierung zu sprechen...) bittet die Staatengemeinschaft um Hilfsgüter, will diese aber lieber selbst verteilen, und viele Staaten gehen (vermutlich auch zu Recht) davon aus, daß der weitaus größte Teil der gelieferten Hilfsgüter in einem Sumpf aus Korruption, Vetternwirtschaft und Eigennutz schlicht versickert, mithin bei den Betroffenen gar nicht ankommt. Das wäre dann keine Hilfe für die Opfer des Wirbelsturms, sondern würde lediglich die Machtstellung des Regimes weiter ausbauen. Man kann wohl davon ausgehen, daß regimekritische Bürger keine Hilfen erhalten, während systemtreue Birmesen aufgewertet werden. Das kann nicht Ziel internationaler Hilfe sein, insofern scheint es richtig, lieber keine Lieferungen vorzunehmen, solange nicht auch die Verteilung wenigstens unter internationalem Einfluß steht.

Eine UN-Resolution mit dem Ziel, Hilfe für die tatsächlich Betroffenen zu ermöglichen, wurde von China und Russland im Sicherheitsrat blockiert mit der Begründung, die internationale Staatengemeinschaft habe nicht das Recht, sich in innere Angelegenheiten eines Landes einzumischen.

Nun ist die UNO ja unter den Eindrücken des II.Weltkrieges gegründet worden. Nachdem ein geisteskranker Staatsmann zunächst in seinem eigenen Land, später in ganz Europa und darüber hinaus den großen Genozid veranstaltet hat, während die anderen Staaten so lange zugeschaut und abgewartet haben, bis sie selbst in den Strudel des Krieges hineingezogen wurden. Auch damals war eines der Argumente, man dürfe sich nicht in innere Angelegenheiten eines Landes einmischen - daneben war man überzeugt, den deutschen Despoten durch Beschwichtigungspolitik ("Appeasement") irgendwie im Zaum halten zu können.

Man mag sich einmal vorstellen, was passiert wäre, wenn diese Politik geglückt wäre. Es wäre vielleicht nie zum II.Weltkrieg gekommen, weder Polen noch Frankreich wären angegriffen worden, Deutschland reichte bis heute "von der Maaß bis an die Memel" - aber Juden, Zigeuner, Homosexuelle, Sozialdemokraten und weitere mißliebige Bevölkerungsgruppen gäbe es in diesem Land nicht mehr. Demokratische Strukturen wären uns Deutschen so geläufig wie die Struktur des Universums jenseits von Alpha Centauri. Das nationalsozialistische Regime würde wohl alles tun, um die Wahrnehmung der tatsächlichen Verhältnisse in unserem Land durch ausländische Beobachter zu unterbinden. Vielen Menschen hierzulande würde es reichlich dreckig gehen, denn daß Macht korrumpiert ist keine Besonderheit von afrikanischen, asiatischen oder südamerikanischen Mentalitäten, sondern liegt in der Natur des Menschen an sich. Ich verweise dazu auf die - ebenfalls aktuelle - Diskussion zur neuerlichen Diätenerhöhung.

Vieles, was uns heute selbstverständlich erscheint, iPod und Internet, freie Wahlen, Reise- und Meinungsfreiheit, soziale Grundsicherung und Schutz vor staatlicher Willkür, das alles gäbe es hier ebensowenig wie in Birma - und kein anderer Staat hätte die Traute, wirklich einzugreifen und die Verhältnisse zum Menschenwürdigen zu verändern oder auch nur im Falle einer großen Katastrophe Unterstützung zu leisten.

So ist es - bei allem Leid und Verderben durch den Krieg dennoch gottlob - nicht gekommen, aber das lag nicht an den anderen Ländern auf diesem Planeten, sondern lediglich daran, daß die Truppe geistesgestörter Staatslenker auch einen Hang zum Größenwahn hatte und ihre Politik somit eben nicht eine innerstaatliche Angelegenheit blieb.

Nach meinem Verständnis darf sich die Geschichte nicht wiederholen. Das Recht aller Menschen auf Leben, körperliche Unversehrtheit und Würde, auf dem unsere Verfassung und auch die Verfassungen der meisten anderen (zumindest der westlichen) Länder aufsetzt, dieses Recht gebietet es, einem Regime entschlossen entgegenzutreten, wenn es sich um die Belange seiner notleidenden Bevölkerung nicht adäquat kümmert. Dies war einer der wesentlichen Aspekte zur Gründung der UNO, und wenn selbst so simple und im Prinzip unpolitische Dinge wie die international übernommene Hilfeleistung bei einer Katastrophe nicht möglich sind, dann brauchen wir auch die UNO nicht. Denn dann hat sie versagt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Solltest Du es noch nicht kennen, empfehle ich die Lektüre von Robert Harris` "Vaterland". Ist übrigens auch verfilmt worden und spielt im Deutschland in dem die Nationalsozialisten den Krieg überlebt haben.

Fischkopp hat gesagt…

Ja, kenn ich. Ziemlich finster, die Geschichte...